Es gibt grundsätzlich 2 Arten von Genen.
Normale Gene sind Gene, die für die allgemeine Funktion und Entwicklung des Organismus verantwortlich sind. Sie kommen in der gesamten Bevölkerung vor und tragen zur normalen physiologischen Aktivität bei. Diese Gene sind nicht spezifisch mit bestimmten Krankheiten oder Gesundheitsrisiken verbunden.
Risikogene hingegen sind Genvarianten, die das Risiko für bestimmte Krankheiten oder Zustände erhöhen können. Diese Varianten können Mutationen oder genetische Variationen sein, die mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Krankheiten verbunden sind. Risikogene sind nicht notwendigerweise pathologisch, aber sie können die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass eine Person eine bestimmte Krankheit entwickelt. Sie sind wichtig für die Prävention, Diagnose und Behandlung von Krankheiten, da sie auf individuelle Anfälligkeiten hinweisen können. Risikogene sind wie eine geladene Pistole, aber der Lebensstil entscheidet, ob der Abzug betätigt wird.
Die Top-Risikogene für die Hirngesundheit sind
1. APOE
APOE (Apolipoprotein E) ist wichtig für den Lipidtransport und die Reparatur von Nervenzellen. Es hilft beim Abbau der Amyloid-Plaques, die bei der Alzheimer-Krankheit eine Rolle spielen. Eine Fehlfunktion dieses Gens kann zu einer Ansammlung schädlicher Proteine im Gehirn führen.
Es gibt drei Hauptvarianten (APOE2, APOE3, APOE4), wobei APOE4 mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung der Alzheimer-Krankheit einhergeht (siehe unten).
2. BDNF
BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor) ist ein Wachstumsfaktor, der das Überleben, das Wachstum und die Differenzierung von Nervenzellen fördert. Er spielt eine Schlüsselrolle bei der Synapsenbildung und der Plastizität des Gehirns. BDNF ist wichtig für Lernen, Gedächtnis und die Reparatur von geschädigtem Hirngewebe. Ein Mangel an BDNF wird mit Depressionen, der Alzheimer-Krankheit und anderen neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung gebracht.
3. COMT
COMT (Catechol-O-Methyltransferase) ist ein Enzym, das Neurotransmitter wie Dopamin und Noradrenalin abbaut. Es reguliert den Dopaminspiegel im präfrontalen Kortex, einem Bereich, der für kognitive Funktionen wie Entscheidungsfindung und Gedächtnis zuständig ist. Varianten des COMT-Gens können die kognitive Leistungsfähigkeit und die Anfälligkeit für psychiatrische Erkrankungen wie Schizophrenie beeinflussen.
4. MAO
Das MAO-Gen (Monoaminooxidase) spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit des Gehirns, da es für die Produktion des Enzyms Monoaminooxidase verantwortlich ist. Dieses Enzym ist entscheidend für den Abbau von Neurotransmittern wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin, die für die Regulierung von Stimmung, Emotionen und kognitiven Funktionen wichtig sind.
Es gibt zwei Haupttypen des MAO-Gens: MAOA und MAOB. Beide haben unterschiedliche Aufgaben:
- MAOA: Dieses Gen ist hauptsächlich für den Abbau von Serotonin und Noradrenalin verantwortlich. Eine weniger aktive Variante des MAOA-Gens wurde mit einem erhöhten Risiko für aggressives Verhalten und bestimmte psychische Störungen in Verbindung gebracht.
- MAOB: Dieses Gen baut hauptsächlich Dopamin ab und spielt eine Rolle bei neurodegenerativen Erkrankungen wie der Parkinson-Krankheit.
Eine verminderte Aktivität des MAOA-Gens führt zu einem Überschuss an Serotonin und Noradrenalin, was das Risiko für aggressives Verhalten erhöhen kann.
5. MTHFR
Das MTHFR-Gen (Methylen-Tetrahydrofolat-Reduktase) spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit des Gehirns, da es für die Produktion des Enzyms MTHFR verantwortlich ist. Dieses Enzym ist wichtig für den Stoffwechsel von Folat (Vitamin B9) und die Methylierung, ein Prozess, der viele Funktionen im Körper beeinflusst, darunter auch die Gehirnfunktion.
Hier sind einige wichtige Aspekte der Rolle des MTHFR-Gens für die Gehirngesundheit:
1. Folatstoffwechsel: Das MTHFR-Enzym wandelt Folat in seine aktive Form 5-Methyltetrahydrofolat (5-MTHF) um. 5-MTHF wird für die Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin benötigt, die für die Regulierung von Stimmung, Emotionen und kognitiven Funktionen wichtig sind2. 2.
2. Homocysteinspiegel: Das MTHFR-Gen spielt eine Rolle bei der Umwandlung von Homocystein in Methionin. Ein Mangel an MTHFR-Enzymaktivität kann zu erhöhten Homocysteinspiegeln führen, die mit einem erhöhten Risiko für neurodegenerative Erkrankungen und kognitive Beeinträchtigungen verbunden sind.
Weitere wichtige Risikogene für neurodegenerative Erkrankungen
Alzheimer und andere Demenzerkrankungen
Das wichtigste und bekannteste Risiko-Gen für die Alzheimer-Krankheit ist das ApoE4-Gen. Es trägt den Bauplan für das Eiweiß Apolipoprotein E, kurz ApoE4, und kann von einem oder beiden Elternteilen an die Kinder weitergegeben werden. Etwa 25 Prozent der Menschen tragen eine Kopie von ApoE4, etwa zwei Prozent tragen zwei Kopien. Bei doppelter Vererbung ist das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, etwa zehnmal höher als bei Menschen mit anderen ApoE-Varianten. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass eine doppelte Vererbung nicht zwangsläufig zu einer Erkrankung führt. Etwa 60 Prozent der Menschen mit Alzheimer-Demenz tragen eine doppelte Kopie von ApoE41.
APP (Amyloid Precursor Protein) Produziert Amyloid-beta-Peptide. Mutationen verursachen die früh einsetzende familiäre Alzheimer-Krankheit durch Überproduktion toxischer Amyloid-Plaques.
PSEN1 & PSEN2 (Presenilin 1 & 2) Mutationen in PSEN1 (am häufigsten) und PSEN2 verursachen die Alzheimer-Krankheit im Frühstadium, indem sie die Verarbeitung von Amyloid stören.
C9ORF72 (Chromosom 9 Offener Leserahmen 72) spielt eine Rolle bei der Frontotemporalen Demenz (FTD).
GRN (Progranulin): Mutationen führen zur Frontotemporalen Demenz (FTD) durch Reduktion von Progranulin und Bildung von TDP-43 Proteinaggregaten.
Parkinson-Krankheit
Es gibt zwei Hauptgene, die für autosomal dominant vererbte Varianten der Parkinson-Krankheit verantwortlich sind: LRRK2 (Leucine-Rich Repeat Kinase 2) und SNCA (α-Synuclein). Mutationen im LRRK2-Gen stellen die häufigste Form der dominant vererbten Parkinson-Krankheit dar und können in etwa 10% der familiären Fälle nachgewiesen werden. Es gibt jedoch auch eine Vielzahl von Genen, die für atypische Formen der Parkinson-Krankheit verantwortlich sein können. Die Forschung auf diesem Gebiet wird fortgesetzt, um die genetischen Grundlagen der Krankheit besser zu verstehen. Andere Risikogene sind PARK2, PINK1 und GBA. Bei familiären Formen der Parkinson-Krankheit spielen Gene wie SNCA, LRRK2, PARK2, PINK1 und GBA eine wichtige Rolle. Bei sporadischen Fällen (den meisten Parkinson-Erkrankungen) tragen sowohl genetische Faktoren als auch Umweltfaktoren (z. B. Pestizide, Kopfverletzungen, Alterung) zum Risiko bei. Die Genetik der Parkinson-Krankheit ist komplex, und das Vorhandensein eines Risikogens bedeutet nicht zwangsläufig, dass eine Person erkranken wird.
Multiple Sklerose
Eines der wichtigsten Risikogene für MS befindet sich im HLA-Komplex (Humanes Leukozyten-Antigen-System), insbesondere das Allel HLA-DRB1*15:01. Dieses Gen ist stark mit einem erhöhten MS-Risiko assoziiert.
Darüber hinaus haben genomweite Assoziationsstudien (GWAS) mehr als 200 weitere Gene identifiziert, die mit einem leicht erhöhten MS-Risiko assoziiert sind. Diese Gene sind häufig an der Regulation des Immunsystems beteiligt.
Eine Familiengeschichte von MS erhöht das Risiko, an MS zu erkranken. So liegt die Häufigkeit von MS in der Allgemeinbevölkerung bei etwa 1:1.000. Wenn jedoch ein Elternteil an MS erkrankt ist, erhöht sich das Risiko auf 1:50, und wenn beide Elternteile an MS erkrankt sind, steigt das Risiko weiter auf etwa 1:8. Andere mögliche familiäre Situationen zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, an MS zu erkranken, umso höher ist, je enger die Verwandtschaft zu einer an MS erkrankten Person ist:
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine unheilbare, schwere Erkrankung des Nervensystems, bei der vor allem motorische Nervenzellen (Motoneuronen) geschädigt werden - Nervenzellen, die für die Kontrolle und Steuerung von Muskeln und Bewegungen verantwortlich sind1. Mehrere Risikogene wurden identifiziert, die zu ALS führen können: Alsin (ALS2); Syntaxin (ALS4); VAPB; TDP43; FUS; Optineurin, C9ORF72 und SOD1 (Superoxid-Dismutase 1).
Psychische Erkrankungen
Bei der Entstehung psychischer Störungen spielt die Genetik eine wichtige Rolle. Forscherinnen und Forscher haben intensiv daran gearbeitet, die biologischen Mechanismen hinter diesen Erkrankungen zu verstehen. Hier einige Erkenntnisse:
Das genetische Risiko für psychotische Störungen wie Schizophrenie und neurologische Entwicklungsstörungen wie Autismus beträgt bis zu 85 Prozent.
11.700 genetische Risikovarianten können 90 Prozent der Erblichkeit von Depressionen erklären. Damit ist die Depression eine der komplexesten und polygenetischsten psychischen Störungen
Experten schätzen, dass 60 bis 85 Prozent der
bipolaren Störung erblich bedingt sind. Hunderte von Genen könnten beteiligt sein, von denen bisher nur ein kleiner Teil bekannt ist.
Umweltfaktoren beeinflussen in Wechselwirkung mit der genetischen Veranlagung das Risiko für psychische Erkrankungen.